vermutlich haben Sie eine etwas verklärte Vorstellung davon, was es heißt, als Verleger auf die Frankfurter Buchmesse zu gehen: tagsüber mit Springer, Cornelsen oder Klett einen Deal aushandeln und abends mit der Gewinnerin des Deutschen Buchpreises bei Barolo und Canapé tiefgründige Gedanken austauschen? Die Wahrheit sieht leider profaner aus. Den ersten Termin verpassen Sie dank Deutscher Bahn und wie jedes Jahr beschließen Sie spätestens jetzt, nie wieder zur Messe zu fahren. Zur Lesung Ihres Erfolgsautors kommen Sie verschwitzt und mit leichter Verspätung, vor der sich anschließenden Preisverkündung, den Preis gewinnt selbstverständlich ein anderer, haben sich noch ein Politiker und eine Literaturagentin angemeldet. Während Sie versuchen den Politiker von der strukturellen Verlagsförderung zu überzeugen, stellt Ihnen die Literaturagentin das neue Buch des vielversprechenden Jungautors vor, das Sie unbedingt verlegen sollen. Der Politiker ist müde, Sie sind müde und die Literaturagentin vermutlich auch. Auf der Party nach der Preisverleihung gibt es Müller-Thurgau statt Barolo und die belegten Brötchen sind alle. Egal, morgen ist auch noch ein Tag. Und wissen Sie, was das Schlimmste ist? Wenn Sie auf der Heimreise mal wieder an irgendeinem deutschen Bahnhof stranden, dann blicken Sie zurück auf die vielen großartigen Menschen und die Gespräche, die Sie auf der Messe geführt haben und Sie freuen sich bereits auf das nächste Jahr. Ich freue mich jetzt erst einmal auf die anstehende Woche. Ihr Matthias Grüb
PS: Die oben beschriebene Lesung gibt es wirklich. Kommen Sie gerne vorbei: Rainer Moritz, Ein Lied kann eine Brücke sein, Donnerstag, 17. Oktober 2024, 11.00 Uhr, Halle 3.1/C105, Leseinsel der unabhängigen Verlage. PPS: Auch die Preisverleihung gibt es. Drücken Sie Cornelia Tomaschko und uns die Daumen. Mein Südschwarzwald konkurriert um Deutschlands schönstes Regionalbuch. PPS: Ein besonders guter Zeitpunkt für einen Besuch an unserem Stand ist der Messedonnerstag ab 17 Uhr. Gemeinsam mit anderen Kurt-Wolff-Verlagen tanzen auch wir aus der Reihe, ganz ohne Müller-Thurgau.